Snowden Allee Ecke Snowden Strasse
Mich erreichte heute eine Pressemeldung des dpa. Wahrscheinlich verfasst von einem befreundeten Journalisten aus der Schwedter Strasse. Just hier an der Ecke zur Kastanien Allee konnte am 9.7.2013 eine wichtige Kunst-Performance des Künstlers Jörg Janzer beobachtet werden. Studio Blum hat die Performance “Snodenstreet” dokumentiert. Snowdenstreet erinnert an wichtige Fragestellungen. Die Aktionskunst ist “Ausdruck des Protestes dagegen, dass wir so gnadenlos abgehört werden und Snowden dafür bestraft wird, dass er uns das verraten hat” (2013, Jörg Janzer, Snowdenstreet).
Darf Kunst zivilen Ungehorsam üben?
Es scheint so als würden sich die Staaten gegenseitig helfen ihre eigenen Verfassungen zu umgehen, um einen neugierigen Blick auf die eigene Bevölkerung werfen zu können – legal. In den meisten Verfassungen westlicher demokratisch konzipierter Staaten findet sich der Schutz der Privatsphäre zumindest der eigenen Bürger wieder. Was aber wenn Staat A die Bürger von Staat B und B die von A ausspioniert. Im nächsten Schritt werden die Daten gemeinsam verwendet. Ist das nicht eine versuchte Umgehung von Gesetzen? Ja, auch Konzerne umgehen die Steuern, indem sie diese in niedriger versteuerte Länder auslagern. Hier werden sozusagen Gesetze ausgelagert. Das Ergebnis ist nichts geringeres als angestrengte Totalüberwachung, nicht nur der bürgerlichen Kommunikation, sondern auch ein Register unserer Interessen. Die heimlichen Klicks im Internet jedes einzelnen von uns werden an Vorhängen vorbei protokolliert. Ziviler Ungehorsam ist dringend geboten.
Wie kann man sich friedlich und gewaltlos zur Wehr setzen?
Hat der Bürger eine Plattform, ein Gericht an das er sich wenden kann, um dagegen vorzugehen. Nein, denn die nötigen Fakten und Beweise sind nicht öffentlich verfügbar, sondern streng geheim. Man könnte vermuten aus gutem Grund. Das hilft uns nicht weiter, ob wir nun Beamter sind, Konzerne leiten, als Journalist oder Straßenfeger arbeiten, wir haben keinen Zugriff auf die nötigen Informationen. Wir werden in der Demokratie aber um unsere Meinung gefragt, zum Glück! Die Demokratie selbst gibt uns die nötigen Instrumente an die Hand: Wahlen, freie Presse, Kunst, Freie Meinungsäußerung, und nicht zuletzt ein gesunder Dialog im überwachten Netz.
Aktionskunst Snowden Allee Ecke Snowden Strasse
Die temporäre Umbenennung der Schwedter Strasse und Kastanien Allee ist Kunst – keine Frage – denn sie weist auf einen Missstand in unserer Gesellschaft hin, weitgehend harmlos platziert im öffentlichen Raum. Hierbei entsteht kaum oder kein Schaden im Zeitalter der Navigationsgeräte. Die Entfernung von Papier ist günstiger als die von Sinn-entleerten Werbeplakaten und Sprayer-Namen.
Ist diese Aktion sinnvoll: JA, sie ist ein leiser aber deutlich zu vernehmender Protest des Bürgers, der hier anschaulich demonstriert, das etwas nicht in Ordnung ist. Will man es übertreiben, ist das vielleicht sogar ziviler Ungehorsam, der ohne Gewalt, ohne Sachschaden und ohne Schuldzuweisungen auskommt. Das ist gut und sinnvoll, denn wie es aussieht, handelt es sich nicht um Versagen der Regierungen, sondern vielmehr um eine Fehlentwicklung, die korrigiert werden muss. Ist die Kunst-Performance legal?, hierzu gibt es mindestens und höchst unterschiedliche Ansichten.
In einem für Intellektuelle und Protagonisten der Kreativ-Wirtschaft bekannten Stadt-Teil Berlins Prenzlauer Berg / Mitte ist die Kunst Aktion gut platziert.
Für mich interpretiere ich folgende Fragestellungen & Aussagen:
- Snowden ist einer von uns, der uns auf einen Umstand hinweist, der öffentlich so nicht bekannt war.
- Die digitale Totalüberwachung widerspricht den Prinzipien des Rechtsstaats.
- Hier wirbt jemand um Unterstützung und Aufmerksamkeit für ihn.
- Ja, ich will wissen, wer mich an meinen Gardinen vorbei beobachtet ?
- Ja, auch ich will auf friedliche weise den Diskurs stärken.
Wir müssen bald schon wieder in Wahlen entscheiden
Diese Aktions-Kunst ist ein Aufruf zum Nachdenken. Ein Journalist des dpa war wohl derselben Ansicht, eine Zeitung hat die Meldung abgedruckt und auch ich als Journalist schließe mich dem an: Möglichst viele Menschen sollten darüber nachdenken. Sich eine Meinung bilden, darüber, ob wir uns zwingen lassen wollen, unser Privatleben / unsere Interessen mit unbekannten zu teilen. Oder ob wir Vorhänge nicht nur an Fenstern, sondern auch vor unsere Kommunikation vorziehen wollen. Wir sind nicht hilflos, wir können das entscheiden. Und wir sollten es bald entscheiden, denn die einmal produzierten Daten werden uns ein Leben lang verfolgen, egal welche Regierungsform wir in Zukunft haben werden.
Wir leben sicherlich nicht in einer totalitären Gesellschaft.
Die meisten von uns Bürgern wollen aber hoffentlich vermeiden, dass Mechanismen der Überwachung,
die wir z.B. als Deutsche im Zusammenhang der Geschichte zu fürchten gelernt haben, wieder Salonfähig werden.
Die nächsten Wahlen fordert eine weitere Entscheidung von uns Bürgern, mit der wir die nächste Regierung legitimieren und somit die künftigen Prioritäten festlegen.
“Am 09.07.2013 habe ich in Berlin an der Ecke Kastanienallee/Schwedterstr. die Schwedterstr. in SNOWDEN Strasse umbenannt und die Kastanienallee in SNOWDEN ALLEE
Am 11.07.2013 fuhr an der Ecke SNOWDEN STRASSE/SNOWDEN ALLEE eine Wanne mit 3 Polizisten und einer blonden Polizistin vor, begutachteten mein Kunstwerk und rissen es ab.” (2013 Jörg Janzer)
Tags: Aktionskunst, Berlin, Demokratie, Kastanien Allee, Kunst, performance, Schwedter Strasse, Snowden, Snowden Allee, Snowden Strasse, Ãœberwachung
July 24th, 2013 at 1:52 am
Burgy,
ich denke Du hast sehr wichtige, anschlussfähige
Dinge geäußert, die wir in Deinem Salon am Sa
weiter erörtern sollten.
Liebe Grüße
Peter
July 24th, 2013 at 6:48 pm
Lieber Peter,
vielen Dank. Immerhin ist man als Europäer und vielleicht noch viel mehr als Deutscher angehalten, über gesellschaftliche Dialogformen nachzudenken und nach Risiken für die demokratische Gesellschaft Ausschau zu halten.
Vor allem erstaunt mich, dass sich die Medien sehr bedeckt halten. Für mich als unpolitischer Mensch / Journalist und als Veranstalter eines noch weniger politischen Salons war es auch ein wenig ärgerlich einen solchen Artikel überhaupt erst schreiben und auch noch selbst publizieren zu müssen.
Eigentlich sollte der Wähler den Staat rechtzeitig evaluieren. Aber bereits die Tatsache, dass Politiker Snowden als Verräter bezeichnen, zeigt bereits wie weit sich die Politik vom Interesse der Wähler distanziert hat.
Erstaunlich ist auch die offensive Vorgehensweise von Staatsmacht bei diesem Thema, vgl. http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/spaziergang-zum-dagger-complex-interessiert-die-polizei-a-911215.html . Deswegen kann ich auch gut verstehen, warum Du – als Anwalt – so sehr erschüttert bist.
Ob wir nach der Vorstellung der “Snowden Performance” noch Zeit haben werden darüber zu Diskutieren weiß ich noch nicht, aber vor allem freue ich mich, die im letzten Salon 19 geplante Diskussionsrunde über “Kritik -Begriffe” nun endlich nachholen zu können. Wir beide haben den fehlenden Diskurs besonders bedauert.
Liebe Grüße
Burgy
September 19th, 2013 at 9:16 am
Schöne Aktion, toller künstlerischer Ansatz. Schade das es so schnell von Polizisten abgerissen wurde. Hat wohl dann keiner der Passanten und Verkehrsteilnehmer wirklich mitbekommen. Trotzdem wird sich bzgl. der Wahlen nicht ändern, denn die dummheit der Gesellschaft ist Gaus-Normalverteilt und die kennen nur CDU/SPD.