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Die Oberen 20.000 – Sachen gibts die gibts gar nicht

Na ja, eigentlich oberen 10.000, aber ich wollte vorsichtig mit meiner Einschätzung sein, 10.000 Menschen sind nicht viele:

Die Inspiration: Gespräch mit der Redaktion

Heute habe ich mich mit meiner Redaktion Doreen unterhalten, neben anderen war ein Thema eine seltsame Geschichte von einem Fest meiner Jugend. Nach dem Gespräch ist mir eine andere Geschichte wieder eingefallen, die ich im folgenden berichten will.

Es gibt Eliteschulen in Deutschland, sie führen eine Randexistenz im maroden Bildungssystem und glänzen meist durch hohe Problemlösungskompetenz – spezialisiert auf schwierige Schüler – und gleichzeitig ist das Bildungsangebot um einiges breiter gefächert, fasst Handwerk, Sport und Allgemeinbildung mit dem staatlichen Schulwesen zusammen. Von ein Kind der oberen 20.000 für das vielleicht beides ein Grund war, auf die Schule zu gehen, möchte ich im folgenden berichten.

Meine alte Schule – Landheim Schondorf – früher Landerziehungsheim Schondorf genannt – gehört in beiden Kategorien zu den ältesten und besten. So war es auch nicht verwunderlich, dass Industrieadel, Neureiche, sozial benachteiligte Arbeiterkinder, alter Adel, Ausländer, Sonder-begabte und andere Stipendiaten gemeinsam in einem Haus wohnen und die Schulbank zusammen drücken. Stipendien verhelfen jedem zweiten zu einer erstklassigen Ausbildung. Für den einen ist es toll 5 Mahlzeiten am Tag zu erhalten, für den anderen ist die Distanz zu den Eltern existenziell wichtig, um nicht mit den Eltern in Streit zu geraten und enterbt zu werden.

Dieser junge Mann, von dem ich spreche war auf den ersten Blick ein Punker, ein Rebell, ein Raufbold und Randalekid, auf den zweiten ist er begabt, interessiert und wird bei näherer Betrachtung noch rebellischer. Inzwischen ist er das sicher nicht mehr. Aber damals als ich ihn kennen lernte, musste ich mich erst mit ihm prügeln, ihn in den Schwitzkasten nehmen und schimpfen, bevor ein sozialer Erstkontakt entstehen konnte. Erst ein Jahr später war der wechselseitige Austausch von Worten möglich geworden. Später haben wir dann zusammen auf einem Flur gelebt, völlig unkompliziert. Seine Lebensabschnittsgefährtin, auch eine Freundin von mir, ist sehr scharmant, eine Partyqueen der intellektuellen und dekadenten Sorte.

Jedenfalls gehört der junge Mann von dem ich berichte zu den oberen 20.000 in Deutschland. Neben gängigen Schichtenmodellen der Gesellschaft (siehe hierzu den Artikel Gesellschaftsschichten des 21 Jahrhunderts, Burgy Zapp) definieren sich die oberen 20.000 nicht über Stand, Bildung, Historie, Reichtum, sondern über Macht und Einfluss. Sie sind entweder Präsident, Superstar, Personen des öffentlichen Lebens oder aber sehr sehr sehr reich. Letzteres ist meistens der Fall, Präsidenten und Superstars – gibt es nicht so viele. Ihr Markenzeichen ist es, sich alles, aber auch wirklich alles erlauben zu können. Es gibt seltene Ausnahmen, in Frankreich musste die von Opel Tochter – eines Joints wegen – während der Schwangerschaft ins Gefängnis, alle diplomatischen Anstrengungen zum trotze.
Die schwer Reichen sind zumindest in Europa gebildet und sozial genug und oft auch wirklich etwas für die Allgemeinheit zu machen. Sie bauen ihrer Heimatstadt mal schnell einen kleinen Flughafen, auch für den Eigenbedarf, gründen mal schnell eine Fluglinie, kaufen ein paar Hochhäuser um sich selbst ein fast nie genutztes Penthouse im obersten Stock zu verschaffen, oder stiften eine Stadtbibliothek, einen Park oder auch zwei. Ansonsten fallen sie überhaupt nicht auf, sehen aus wie normale Menschen; fast.

Der junge Mann hatte nicht nur zahlreiche Schlägereien, Party-Exzesse hinter sich, war berühmt und berüchtigt nicht dafür, dass der Verkauf des Familienunternehmens 9 Nullen aufweisen kann, sondern für seine wechselseitige Persönlichkeit als Punker. Das führte soweit, dass der junge Mann im schwarzen Anzug auf einem Schul-Ball erschienen ist und prompt von den Lehrern nicht erkannt wurde. Ohne seine Springerstiefel bis zum Knie und Metallketten war er einfach nicht wieder zu erkennen, behaupteten zumindest oberflächliche Lehrer. Butterbrote an die Decke werfen war Kinderfasching, Diskotheken sowieso Standard. Mit den anderen heimlich nachts aus dem “Gefängnis”-Internat schleichen noch nicht einmal erwähnenswert.

Die Geschichte

Nun ist mir aber eine Geschichte eingefallen, die einer Erwähnung durchaus wert ist. Ich kenne das auch aus Erzählungen meiner Mutter, wenn sie von der Düsseldorfer Gesellschaft redet, von Bekannten, deren Sprösslinge durchaus mal mit Blaulicht und Sirene etwa 100 KmH zu schnell durch eine kurwige Ortschaft segeln.

Der junge Mann also fuhr nach München, vom Internat aus, wo Autos im Allgemeinen sowieso nicht erlaubt waren. Es gibt einen Streckenabschnitt hinter der Stadtgrenze. Auf der Autobahn staut sich dort der Verkehr. Die Schilder wollen einen freundlich auffordern nicht schneller als 50 KmH zu fahren. Viele machen das auch. Aber der junge Herr hatte es eilig, oder auch nicht, jedenfalls wurde er mit mit 200 plus Unbekannt KmH abgeblitzt. Für die meisten Menschen bedeutet das Führerscheinentzug.

Dieser junge Mann aber wurde abgeblitzt während er sich zu seinem Kassettenrekorder / Radio oder CD Player hinunter-bückte um einen Tonträger unter dem Sitz hervor zu angeln. Auf dem Bild der Polizei war also kein Fahrer zu sehen. Vielmehr eine schöne Stadtaufnahme von München, ein farbiger Blitz mit über 200 Sachen, eine Hand am Lenkrat und schließlich ein leerer Sitz. Nun ja, die Polizei konnte ihm nichts nachweisen und irgendwie, ganz von selbst sozusagen, hat sich die Anklage im Sand verlaufen.

Die Geschichte war damals eine von vielen, die stattgefunden hatte, hatte mich aber mangels Interesse nie genau erkundigt: Aber mal ganz ehrlich, wie realistisch ist das denn? Jemand fährt mit über 200 auf einer Stadtautobahn, an einer Stelle, an der sich der Verkehr aufstaut und hat es nicht nötig auf die Strasse zu blicken. Jemand muss ganz ganz doll weg geguckt haben oder aber ein Hacker ist in den Rechner eingestiegen, hat die Fotografie heruntergeladen, den Jungen Mann wegretuschiert und wieder eingespielt. Jetzt mal ehrlich, wir sitzen nicht im Kino, sondern hier.

Der Einfluss der Familie in ihrer Heimatstadt, die sicherlich mal ein paar Bibliotheken oder öffentliche Einrichtungen mit ein paar Millionen ordentlich aufgepumpt hat, ist groß. Aber sie wohnt in einer anderen Stadt als München, wie also konnte das Problem mit einer völlig fremden Polizei, bei der kein Einfluss geltend gemacht werden konnte, gelöst werden?

Während die Geschichte tatsächlich passiert ist, habe zumindest ich das Foto niemals gesehen, vor dem leeren Sitz in einem 200 Sachen schnellen Blitz schwebt für mich nach wie vor ein Fragezeichen.

Alles ist anders?

Ich denke jetzt ist der Begriff der Oberen 20.000 klar geworden. Hat diese Geschichte nun eine moralische Komponente oder nicht? Hätten Menschen getötet werden können, während der Junge unter dem Sitz nach einer CD sucht und sein Geschoss über die Stadtautobahn segelt? Nachdem der junge Mann früher einmal ein Punker war, will ich auf die Anarchie Punker in Großstädten zu sprechen kommen, sie zertrümmern ganze Straßenzüge, exerzieren Gewalt im allgemeinen im Politischen ganz speziell. Haben wir hier nicht eine Sachlage gegenüber gestellt? Wertend stelle ich fest, mir fallen viel schlimmere Sachen ein. Für die vergleichsweise hohen Kosten aber, die dieser junge Mann der Gesellschaft zumutet, hoffe ich, kommt er selbst auf. Zumindest in der Schule hatte jemand ohne Chance eine tolle Ausbildung, ermöglicht durch Stipendien, die wiederum den hohen Oberstufen-Schulgebühren von leppischen 4000 DM je Monat anfallen.

Vielleicht schafft seine finanzielle Unterstützung für die Schwächsten einen gewissen Bonus, der in zwar nicht außerhalb des Gesetztes, sehr wohl aber innerhalb der Toleranz-Grenzen einzelner Entscheider versetzt. Eines ist klar, mit Macht erwächst besonders dem Einzelnen Verantwortung, ich weise in diesem Zusammenhang auf meinen Artikel Gesellschaftsschichten des 21 Jahrhunderts hin, der im Magazin für Kultur, Gesellschaft und Kunst erschienen ist.

BZ


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One Response to “Die Oberen 20.000 – Sachen gibts die gibts gar nicht”

  1. R Says:

    […] Moderierend f

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