Guten Abend werte Tischdame! : 3. Reiche Menschen
Die Tischordnung gehört zur guten Gesellschaft wie das Tafelsilber auf den Tisch einer Kunst sammelnden Familie. Eine Tischordnung zu planen ist nicht nur schwer, eine hohe Kunst, sondern man kann es ebenso-wenig allen recht machen. Ich berichte von einigen Erlebnissen.
Erlebnis 3: Reiche Menschen
Dame nimmt Platz und platzt heraus, Dame: “Das ist ja total lächerlich, das Essen, hallo ich bin übrigens XY, wie bist du denn hier reingekommen und warst du hier und da, und gehst du nächste Woche zu dem und dem aufs Fest….”
Notgedrungen unterbreche ich irgendwann, als sie beginnt von ihren 11 Pferden, dem neuen Auto und den … zu reden, BZ: “Ich bin hier weil ich so gut zuhören kann, mein Name ist Burgy, ich bin dein Tischherr und wollen wir den anderen ans Buffet folgen, bevor alles weg ist?”
Dame: “Was, haben die nicht mal Geld für Personal. Also in XDorf, haben wir jeden Tag einige Leute da, für das nötigste und auf der und der Insel auch, sogar im eigenen Flugzeug, gibt es für so was Leute, ich kann in den Prada Schuhen unmöglich bis zum Buffet laufen.”
Ich habe auf dem Weg noch mein Geld zusammen gesucht, für das Taxi nach Hause – mit Holzhacken beim Nachbarn verdient – 10 Stunden = 1 Taxi, das Gerede über Geld hat mich schon völlig nervös gemacht, dennoch versuche ich es vorsichtig, vielleicht kann sie mich ja auf dem Weg absetzen, je nachdem wo sie hin will: “Wie kommst du denn nach Hause?”
Dame: “Keine Ahnung, haben die denn keinen Shuttleservice?”
Ich schüttle den Kopf und setze an etwas zu sagen, werde von der Dame aber bereits umgehend unterbrochen: “Igitt, das Essen sieht ja aus wie bei der Armenspeisung.” Verstohlen wegblickend denke ich für mich, dass sie noch nie eine gesehen hat, als sie bereits fortfährt: “Geld habe ich gar nicht bei mir, meine neue Handtasche hat nur Platz für Kosmetik und mein Telefon.” Sie zeigt mir stolz ihre winzige Tasche, Wimperntusche, ein Telefon, das ist alles. Sie setzt ihren ununterbrochenen Redefluss aufgeregt fort: “Unser Fahrer hat mich hierher gebracht, der ist dann mit meinem Vater weiter nach Paris gefahren. Ich bin ja so froh das du mein Tischherr bist, wir können uns ja ein Taxi teilen ich wohne hier und da am Ende der Welt. Ach, und auf dem Weg muss ich unbedingt noch im P1 vorbeischauen (teuerster Club Münchens). Ich habe es meinem Exfreund, diesem Arsch versprochen, kannst ja mitkommen, musst aber vorsichtig sein, er reagiert manchmal etwas angespannt auf meine neuen Freunde, lass dich nicht in eine Schlägerei verwickeln.”
Kann ich das, so so, hmm einfach mitkommen und mich bloß nicht verwickeln lassen. Langsam geht mir ein Licht auf, XDorf, Pradaschuhe, P1, Vater Paris connection, Privatflugzeug, na klar, BZ: “Sag mal, habt ihr zufällig ein riesiges schmiedeeisernes Tor mit einem langen Zaun in Auftrag gegeben?” und denke bei mir: Mein Schmied hat mir davon erzählt, von diesem superreichen Kunden aus XDorf.
Dame: “Mein Vater hat das, aber es hat ihm dann nicht gefallen, hat wieder alles ausgraben lassen und ein anderes genommen, der Stararchitekt unserer Villa … bla bla bla … Jetzt haben wir eine Mauer, nur das Tor ist geblieben.”
BZ: “Du bist also die Tochter von dem Waffenhändler?”
Quintessenz: Jedenfalls hatte ich am Abend kein Geld mehr übrig, sie ist wohlbehalten da angekommen wo sie hin wollte. Wo auch immer das war, ich habe dankend abgelehnt mitzukommen. Schließlich habe ich mir auf der Strasse Geld zusammengeschnorrt um eine S-Bahn nach Hause zu nehmen; zumindest soweit die Schienen reichen. Von dort aus wären es nochmal 14 Kilometer nach Hause, also dann.
Nach 1 Stunde Zugfahrt und per Anhalter mit dreimal Umsteigen durch den Bayerischen Regen im viel zu hellen Sonnenaufgang bin ich gegen 11 Uhr am nächsten Tag zuhause angekommen. Die Danke-Sehr SMS hat sie wohl vergessen, ich jedenfalls habe mich das letzte Mal von meiner Tischdame zu etwas verpflichten lassen.
Euer Burgy
PS Dieser Artikel wurde eigens für den Brandmelder Berlin verfasst.
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